Episode 7: Rettungsschwimmerin Mirjam
Shownotes
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Transkript Podcastfolge Mirjam
Du bist Mutter, und du kannst deiner Tochter, deinem Sohn, deinem Kind zeigen, was Ehrenamt ist, und dein Kind kann genauso aufwachsen, und das ist doch das schönste überhaupt, deinem Kind zu zeigen: Hey, du kannst helfen, und das von vornherein.
Nadine: Hallo und herzlich willkommen bei „Freiwillig busy“, dem Podcast übers Ehrenamt! Mein Name ist Nadine Hadad und ich bin heute für das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe unterwegs. In dieser Folge begrüße ich Mirjam Wennemar von der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft. Gemeinsam wollen wir das Ehrenamt stärken und euch zeigen, dass jede und jeder Einzelne sich mit den eigenen Fähigkeiten einbringen kann. Denn: Egal was du kannst, du kannst helfen. Hallo Mirjam!
Mirjam: Hallo
Nadine: Guten Morgen! Wir sind ja hier früh am Morgen in Berlin und quatschen.
Mirjam: Ja sehr gerne, ich freue mich.
Nadine: Schön, dass du auch Zeit gefunden hast. Um die Leute vielleicht mal mitzunehmen: Wir sitzen hier gerade im Dach, im Büro, haben hier ein schönes Podcaststudio aufgebaut, und wir sitzen uns hier beide gegenüber und sind beide aus Berlin.
Mirjam: Das ist korrekt.
Nadine: Du bist auch in Berlin geboren?
Mirjam: Ne, ich bin nicht ursprünglich Berlinerin. Ich bin Pott-Kind ursprünglich und bin dann zur Ausbildung hier hingezogen. Da war ich junge 19 und bin kleben geblieben.
Nadine: Und du bleibst auch hier?
Mirjam: Ja, ich bleibe hier. Ich habe mich jetzt hier verwurzelt mit meinem Kind und fühle mich ganz wohl und will gar nicht mehr weg.
Nadine: Wir sitzen ja hier heute im Podcast, weil du mit deinem prägendsten Moment im Ehrenamt gewonnen hast. Kannst du uns nochmal von diesem Moment erzählen und auch, warum der so besonders für dich ist?
Mirjam: Ja, das war wirklich ein Kopf an Kopf-Rennen, also wer die Zahlen mal gesehen hat: Erster und zweiter Platz sind gar nicht so weit auseinander und wir haben mit der ganzen DLRG gefiebert. Also wer das so ein bisschen verfolgt hat: Wir haben das wirklich groß breitgetreten, die DLRG hat mich supportet und die ganzen Landesverbände haben mich natürlich supportet und gepostet. Und es war immer wieder so: Okay, jetzt liegt sie vorne, jetzt nicht, jetzt wieder.
Nadine: Du hast gewonnen, deswegen sitzen wir hier.
Mirjam: Ja, das war dann ein bisschen spannend, als dann die E-Mail kam mit „Herzlichen Glückwunsch, du hast geworden!“, dachte ich mir so: Ja!!
Nadine: Mega schön, du hast gerade schon gesagt, du bist bei der DLRG tätig. Welches Ehrenamt übst du aus, und was machst du genau?
Mirjam: Genau also die DLRG ist ja eine große Organisation, die sehr, sehr viel Repertoire hat. Ich bin in der Sparte Ausbildung tätig, das heißt, ich bringe Kindern Schwimmen bei. Vom Seepferdchen bis Rettungsschwimmer können die bei mir alles lernen und wenn sie dann fertig mit dem Rettungsschwimmer sind oder gerade angefangen haben, nehme ich sie auch mit raus in den Wasserrettungsdienst und dort machen sie dann ganz normalen Dienst. Hier in Berlin ist es so, dass wir 26 Wasserrettungsstation haben. Die müssen von Mai bis Oktober auch am Wochenende, jedes Wochenende. Wir treffen uns meistens freitags abends bis sonntags abends und dann fahren Boot, machen unsere Übungen, haben Einsätze, also das volle Repertoire.
Nadine: Du bist seit 2001 tätig, das heißt seit…
Mirjam: Seit ganz schön vielen Jahren.
Nadine: Insgesamt – lass mich rechnen: Wie viele Jahre jetzt…
Mirjam: 23
Nadine: 23? Ja, wir haben 2024… seit 23 Jahren bist du ehrenamtlich tätig, und du bist…?
Mirjam: älter…(lacht) 32
Nadine: 32…das heißt du hast mit neun…
Mirjam: mit zehn
Nadine: Mit zehn angefangen.
Mirjam: Genau, also bei uns im Heimatverein ist es so, und das führe ich hier in Berlin auch wieder ein, dass, wenn wir den Goldkurs absolviert haben – dann gehen wir in die Schwimmausbildung mit rein, also das heißt in die Seepferdchen-Ausbildung und können da lernen, wie wir ausbilden. Da lernen sie, den kleinen Kindern spielerisch das Schwimmen beizubringen — und je mehr Personal desto besser. Und wenn die dann den Junior-Retter gemacht haben und den Rettungsschwimmer in Bronze, dann nehme ich sie teilweise mit raus, und dadurch binden wir auch unsere Kräfte.
Nadine: Du bist aus dem Ruhrpott nach Berlin gezogen und hast nahtlos deine ehrenamtliche Tätigkeit fortgeführt. Wie hat das funktioniert?
Mirjam: Fast nahtlos. Also, ich hab’s nicht ganz nahtlos gemacht, weil ich erst mal hier in Berlin ankommen musste. Ich habe meine Ausbildung angefangen. Ich bin gelernte Hotelfachfrau. Das heißt, ich hatte Schichtdienst – spät abends Dienst, morgens Dienst und und und. Da habe ich es einfach nicht hinbekommen, jede Woche einen festen Termin zu haben. Das war mir damals bewusst, und deswegen habe ich mich auch dazu entschieden, erstmal eine Pause zu machen. Aber für mich war sehr, sehr schnell klar: Mir fehlt etwas. Und dieses Fehlen habe ich gelöst, indem ich die DLRG angeschrieben habe. Also, ich war einfach so mutig. Damals waren Social Media noch gar nicht so groß – also ich bin so alt, dass Social Media noch gar nicht so groß waren. Es gab damals Facebook, aber ich glaube, Instagram gab's zu dem Zeitpunkt noch gar nicht so richtig und hab damals auf der Internetseite einfach geguckt und hab in meinem Bezirk gegoogelt: „DLRG“ und hab einen Ansprechpartner gefunden und hab mich getraut, ihn anzurufen, und hab gesagt: „Hey, ich komme von meiner Heimat und habe dort schon mehrere Jahre Ausbildungen betrieben, und ich möchte genau das hier weitermachen, weil es mir einfach so viel gebracht hat, weil ich darin aufgehe, weil das einfach mein Leben ist, und ich merke gerade, dass in meinem Leben ein großer Teil fehlt“, und er hat gesagt: „Komm vorbei, bring dein T-Shirt mit und stell dich an den Beckenrand!“, und das war mein Tor hier hin und hier rein. Dass es dann so viel Zeit mit sich bringt, dass ich dann hier mache, das ist dann erst Schritt für Schritt gekommen. Also, ich habe dann wirklich wieder angefangen mit der Ausbildung, hab dann immer mehr Kurse auch übernommen und hab dann Wasserrettungsdienst mal angefangen für ein, zwei Wochenenden. Also ich hab’ mich da auch langsam rangetastet, bis ich dann zu dem Schritt halt gekommen bin, wie es jetzt ist, dass ich halt wirklich sehr, sehr viel Zeit auch dort verbringe und einfach darin aufgehe. Also, es wäre aber auch vollkommen in Ordnung gewesen, wenn ich gesagt hätte, hey, mir reicht das Seepferdchen oder mir reicht der Bronze oder der Erwachsenen-Schwimmkurs oder was auch immer. Das ist auch vollkommen in Ordnung.
Nadine: Du hast gerade von deiner Arbeit gesprochen. Du bist noch neben deiner ehrenamtlichen Tätigkeit Assistentin der Geschäftsführung in einer Unternehmensberatung, also da arbeitest du auch einfach einen ganz normalen, richtigen Job, und daneben bist du noch 40 Stunden ehrenamtlich tätig?
Mirjam: Ja, das sind sehr, sehr viele Stunden, aber es ist möglich.
Nadine: Es ist möglich und du liebst es einfach.
Mirjam: Ja, ich lieb es einfach, und wenn es mehr als 40 Stunden sind. Also wenn man sich überlegt, von Freitagabend bis Sonntagabend, das sind halt schon ganz schön viele Stunden, die wir da verbringen. Also wir schlafen auch da, wir sind den ganzen Tag zusammen, und das sind super, super viele Stunden, die wir da verbringen. Als die 40 Stunden reichen meistens gar nicht aus in den Sommermonaten, die ich für die DLRG tätig bin.
Nadine: Ist es für dich auch mehr als nur, wie soll ich sagen, ein Hobby? Weil ich finde, wenn du davon sprichst, du lebst das richtig, also du fühlst es, du strahlst auch, während du davon sprichst. Wenn du deine ehrenamtliche Tätigkeit beschreiben müsstest: Was ist es für dich?
Mirjam: Meine Familie. Also, das ist es wirklich, es ist einfach meine Heimat. Also klar, ich habe meine Familie, also meine Inner-Circle-Familie, sag ich mal, meine Blutsverwandten, die ich auch über alles liebe. Aber ich liebe auch meine DLRG-Familie, und ich würde für diese Familie alles tun.
Nadine: Das ist richtig schön.
Mirjam: Ja. (lächelt)
Nadine: Du hast dich ja beworben mit einer Geschichte, mit der du auch gewonnen hast. Ich hab’ sie schon gehört. Kannst du sie vielleicht den Zuhörenden, die sie vielleicht noch nicht gehört haben, erzählen?
Mirjam: Ja, also, es geht darum: Meine Anfangsgeschichte, warum ich auch so viel Spaß an der DLRG habe und warum ich auch dageblieben bin. Und zwar habe ich ja sehr, sehr jung bei der DLRG angefangen, in der Ausbildung. Und wie ich gerade schon angedeutet habe, ist es so: Wenn man Gold hat bei uns zu Hause, und jetzt auch hier, ist es so, dass wir in die Schwimmausbildung mit reingezogen werden. Und das allerallererste Kind, das ich hatte, dem ich Schwimmen beibringen durfte: Das hat bei mir Schwimmen gelernt und hat natürlich dann auch seinen oder ihren weiteren Weg eingeschlagen und kam nach ein paar Jahren – also das sind ja dann immer fünf, sechs Jahre, die sie die Abzeichnen durchmachen, bis sie dann Gold haben – kam dieses Kind auf mich zu und hat mich angeguckt und hat gesagt: „Jetzt möchte ich das lernen, was du mir beigebracht hast!“ und dann habe ich meinem ersten Kind, dem ich Schwimmen beigebracht habe, gezeigt, wie man Kindern Schwimmen beibringt. Und das ist natürlich eine Sache, die unglaublich ist. Also es ist zum einen unglaublich, das Strahlen der Kinder, der Erwachsenen auch, zu sehen, wenn sie den Rettungsschwimmer, das Seepferdchen oder irgendein anderes Abzeichnen bekommen. Aber zu wissen: Diesem Kind hast du Schwimmen beigebracht, und dieses Kind möchte jetzt genauso werden wie du. Das erfüllt dich einfach mit Stolz!
Nadine: Mega! Richtig, richtig schön! Du hast ja einige besondere Sachen in deinem, wie soll ich sagen, in deinem Lebenslauf oder wie du dein Leben lebst. Besonders wollen wir hier aber darüber auch sprechen, wie du dein Ehrenamt auch mit der Familie vereinbarst. Du bist seit kurzem Mutter. Ich bin keine Mutter, aber ich habe Respekt vor allen Müttern, so oder so schon, wie sie das Leben rocken. Du arbeitest, bist ehrenamtlich tätig und jetzt auch noch Mutter.
Mirjam: Alleinerziehende Mutter!
Nadine: Alleinerziehende Mutter. Wie machst du das, liebe Mirjam?
Mirjam: Ich bin ein Organisationstalent. Also ich habe meinen ganzen Tag komplett durchstrukturiert. Aber natürlich auch – alle die, die ein Kind haben, kennen das – dieses Kind funktioniert nicht nach Struktur, sondern dieses Kind lebt so, wie es leben möchte, und das ist auch vollkommen in Ordnung, und das lebe ich auch mit ihr aus, diese Zeit. Das heißt für mich: Morgens mache ich uns fertig, und dann geht sie in die Kita, ich gehe zur Arbeit, und dann bin ich komplett die Arbeitsmaus und arbeite durch, und sobald ich sie von der Kita abhole, ist unsere Zeit. Also, das heißt für mich dann bis 19/20 Uhr, bis ich sie ins Bett bringe, wirklich Zeit mit meiner Tochter zu verbringen. Und klar, wir machen auch mal Termine, oder jetzt beim Schwimmen ist es so, dass sie natürlich auch mit dabei ist, aber wirklich sehr, sehr viel Spaß daran hat oder bei Terminen. Meine ganze DLRG-Familie liebt sie über alles, also wenn ich bei einem Termin bin – meistens habe ich meine Tochter gar nicht auf dem Arm. Also die ist nicht bei mir, die ist überall anders, nur nicht bei mir. Also, das ist schon so eine kleine DLRG-Maus, ja. Und dann habe ich ab 20 /20.30 Uhr dann Zeit für mich.
Nadine: Du hattest deinen Job schon davor, und die Ehrenamtlichkeit. Hast du dann so gedacht: Passt da jetzt noch ein Kind rein? Will ich das überhaupt? Will ich was von meinem Leben lassen? Bist du diese Sachen so durchgegangen, oder hast du es passieren lassen und dann gehofft, dass es funktioniert?
Mirjam: Also, ich bin keine Person, die ihr Leben plant. Also ich würde mich niemals hinsetzen und einen Plan aufstellen für die nächsten fünf Jahre. Das bin ich einfach nicht. Ich glaube, wenn ich den Plan hätte, dann wäre ich mit 19 schon Mutter geworden, weil ich es einfach total toll finde. Und die Bestätigung habe ich vor neun Monaten, als ich das kleine Würmchen auf dem Arm hatte, bekommen, dass ich eine „Durch-und-durch-Mutter“ bin. Für mich war aber auch immer klar, dass, wenn ich Mutter werde, ich mein Ehrenamt nicht aufgeben werde. Also für mich war es immer klar, es wird eine Lösung geben, dass ich mein Ehrenamt auch ausführen kann und dass auch meine DLRG-Familie mich dahingehend unterstützt. Dass es natürlich jetzt so ist… also ich habe nicht geplant, dass ich allein erziehen werde, sondern habe natürlich geplant, dass es ein Partner dazu gibt und dass das Leben dadurch ein bisschen einfacher ist. Es ist aber in der jetzigen Situation überhaupt gar nicht so, dass das irgendwie thematisiert wird oder so, sondern wenn ich in einen Einsatz fahren möchte, dann ist vorher abgesprochen: Wer passt auf meine Tochter als Hauptperson auf, wer kümmert sich um sie? Diese Person kann auch vier Stunden, wenn es jetzt ein Rieseneinsatz ist, mit meiner Tochter ganz normal sein, essen, trinken, also, sie ist komplett behütet, und ich würde nicht in einen Einsatz fahren, wenn das nicht so wäre. Mir war aber von vornherein klar: Mein Ehrenamt und Mutter sein passt zusammen. Also für mich ist es nicht eine Sache: Du bist jetzt Mutter, und du musst jetzt dein Leben aufgeben, sondern für mich ist es eine Sache: Du bist Mutter, und du kannst deiner Tochter, deinem Sohn, deinem Kind zeigen, was Ehrenamt ist, und dein Kind kann genauso aufwachsen, und das ist doch das schönste überhaupt, deinem Kind zu zeigen: Hey, du kannst helfen, und das von vornherein. Und das ist einfach eine Sache, wo du merkst, okay, du kannst deinem Kind einfach das alles mitgeben, von vornherein.
Nadine: Ich bewundere das total, weil ich auch im Freundeskreis darüber spreche. Bei mir kommen jetzt auch viele Freundinnen, die Mütter werden, und man bespricht schon: Ändert sich das Leben total? Will man deswegen vielleicht überhaupt Kinder haben, weil man das eigene Leben so mag? Und dass du das so zeigst, ist auch, glaube ich, voll die tolle Vorbildfunktion für angehende Mütter, dass man sich denkt: Okay, ich mag mein Leben auch, wie es ist, und es klappt trotzdem mit dem Kind. Du hast natürlich jetzt wahrscheinlich auch Glück, dass du das alles so mitmachen kannst, weil… vielleicht hören es auch Mütter und sagen: Ja krass, ich will das eigentlich auch machen, aber sie macht halt einfach nicht so mit.
Mirjam: Die kleine Maus sagt es einem schon, wenn sie sich nicht wohlfühlt, das muss man auch immer beachten. Wenn man gerne sein Leben weiterleben möchte und sich nicht komplett aufgeben möchte für ein Kind, dann muss man auch offen sein dafür, sein Kind auch mal abgeben zu können — auch in fremde Hände. Auch in Hände, die nicht vielleicht Oma, Opa, Tanten oder wer auch immer sind. Man muss einfach auch das Feeling haben und sagen: „Hey, bitte, nimm mein Kind! Es ist vollkommen in Ordnung, dass du mein Kind hast.“ Und das ist, glaube ich, der Schlüssel, überhaupt: Vertrauen auch in andere Personen zu haben. Und da bin ich sehr, sehr froh über meine Familie, die ich da habe, die sagt: Hey, Mirjam, überhaupt gar kein Problem, wir haben hier so viele Kinder groß bekommen, wir kriegen den kleinen Scheißer auch noch groß.
Nadine: Du bildest bei der DLRG Kinder und auch Erwachsene aus, dass sie schwimmen lernen. Wie stellt man sich die Arbeit vor?
Mirjam: Ja, also bei Kindern ist natürlich das, was jeder irgendwie kennt, das Kind kommt. Bei mir gibt es da sehr, sehr strikte Regeln. Die Eltern dürfen nicht mit rein, die Eltern dürfen auch nicht am Fenster gucken, weil die Kinder dann sehr abgelenkt sind und eigentlich alles immer nur Mama und Papa zeigen möchten und sie sehen und dann halt viele auch anfangen zu weinen: Mama ist ja noch da, ich will jetzt lieber zu Mama. Das heißt, die Kinder kommen mit rein. Die machen bei mir als erstes die Wassergewöhnung. Es gibt ganz unterschiedliche Kinder. Wir gehen ganz individuell auf die Kinder ein. Also ich habe pro Kurs ungefähr zehn Kinder und habe sieben/acht Ausbilder immer mit dabei im Wasser. Das heißt, es gibt fast eine eins-zu-eins-Betreuung bei den Kindern. Das gibt den Kindern auch ein sehr, sehr gutes Feeling, und dadurch können die Kinder relativ schnell schon schwimmen und auch tauchen, springen und alles Mögliche. Bei Erwachsenen ist es ein bisschen anders. Kinder haben dieses Angstgefühl noch nicht. Kinder springen rein und denken nicht darüber nach, was passieren könnte. Denen ist es egal, ob es tief ist, ob es flach ist. Sie sehen nur Wasser und wollen da rein. Erwachsene sind so: Die wissen, was passieren könnte, wenn sie sich im Wasser nicht halten können. Die haben Angst vor der Nudel, ob die Nudel sie wirklich halten kann. Die würden auch nicht einfach so ins Wasser springen, weil: Sie können ja nicht schwimmen. Also, in der Regel machen die Menschen das. Dass sie halt das alles nicht tun. Das heißt, du musst ganz anders daran gehen, du musst die ganz anders heranführen ans Wasser. Oft haben Erwachsene auch eine traumatische Erfahrung gemacht mit Schwimmen oder mit Wasser generell, und da musst du viel behutsamer sein. Da kannst du zum Beispiel auch nicht Jugendliche nehmen, die mit den Erwachsenen dann die Ausbildung machen, sondern da musst du wirklich Erwachsene haben.
Nadine: Kannst du uns vielleicht noch mal so genau die die Woche von Mirjam erzählen? Also wenn du uns sagst, du hast dein Kind, du hast dein Ehrenamt und du hast deinen Job, dass du uns wirklich sagst, weil du hast es mir davor im Vorgespräch schon gesagt, so ein bisschen deine Zeiten, weil vielleicht hört es jetzt jemand und denkt, ich möchte das genauso nachmachen, aber ich kann mir das nicht vorstellen. Wie sieht deine Woche aus?
Mirjam: Also, die Woche ist ganz einfach. Wir machen uns morgens fertig, dann geht es für sie Kita, für mich zur Arbeit. Nachmittags hole ich sie dann ab und dann verbringen wir den Tag zusammen. Wir spielen viel. Montags ist bei uns immer Schwimmen angesagt, das heißt, wir stehen für ein paar Stunden in der Schwimmhalle. Ja, und dann ist die Woche je nachdem. Also es ist dann nicht mehr so planmäßig. Es kommt mal ein Termin, den ich dann abends habe, dann nehme ich sie aber mit, also ehrenamtliche Termine sind das meistens, irgendwelche Kurse oder irgendwelche Gremien, wo ich noch tätig bin, die wir dann abends besprechen, weil natürlich der normale Mensch arbeiten geht und dann abends erst Zeit hat. Ja, und dann mache ich nebenbei noch den kompletten den Social Media Auftritt für die DLRG Berlin. Ich bin auch in der Pressearbeit mit dabei. Ich bin für den Bundesverband im „PUMA“-Team mit dabei, das heißt Presse und Medienarbeit. Das heißt, wenn irgendwie eine Katastrophe da ist, dann heißt es für mich: Backoffice aufbauen und im Backoffice mitarbeiten für das „PUMA“-Team, um dort einfach auch Social-Media-Kanäle zu bespielen, Presse zu bespielen und und und. Das läuft dann alles so nebenbei. Das passiert einfach. Also da kann ich sagen: Okay, dafür habe ich jetzt eine Stunde oder so. Das passiert halt so, wenn die Kleine mal schläft, dass ich sie dann in der Trage habe und dann am Hochtisch stehe und arbeite oder so. Sie hat ja zum Glück noch ihre längeren Schlafphasen. Da geht's noch ganz gut. Samstags geht es dann zum Babyschwimmen. Also, meine Kleine lernt auch sehr, sehr früh Schwimmen oder sich auch zumindest im Wasser zu bewegen, weil mir das sehr, sehr wichtig ist. Wir sind sehr viel am Wasser. Und dann spätestens nach dem Babyschwimmen, wenn nicht sogar schon Freitagabend, geht's raus an den See.
Nadine: Was bedeutet genau deine Arbeit an der Wasserrettungsstelle am Wochenende?
Mirjam: Ja, also, wenn wir auf unserer Wasserrettungsstation sind, ist es so: Da ist nichts geplant. Also, es kann sein, dass wir ein ganzes Wochenende gar nichts zu tun haben. Es kann aber auch sein, dass ein Einsatz nach dem anderen kommt. Von daher, da kann man nichts planen, außer vielleicht das Frühstück. Das ist jeden Morgen um neun Uhr, das heißt aber auch nicht, dass wir das alle gleichzeitig zu uns nehmen können, weil: Es könnte natürlich jederzeit ein Einsatz kommen. Von Freitagabend an sind wir besetzt. Die Berliner Feuerwehr weiß das auch. Wir haben eine große Leitstelle bei uns an der Wasserrettungsstation, die Leitstelle für Berlin, für die DLRG, und von da aus werden alle Einsätze koordiniert. Also das heißt, wir haben alle Funkgeräte auf dem Booten, wir haben Handfunkgeräte und von da aus haben wir eine Direktverbindung zur Berliner Feuerwehr, zur Polizei, zu Christoph 31 – das ist unser Hubschrauber – und dann, wenn ein Einsatz kommt, dann können wir alle gleichzeitig auf demselben Kanal Funken, und die Berliner Feuerwehr koordiniert das natürlich alles, und wir koordinieren dann unsere Boote.
Nadine: Das heißt, du schläfst in der Wasserrettungsstation von Freitag bis Sonntag mit deinem Baby, und wenn ein Einsatz kommt, dann lässt du sie bei deiner DLRG-Familie. Oder wie machst du das?
Mirjam: Ja, also mein Kind darf nicht mit aufs Rettungsboot, dafür ist sie einfach noch zu klein. Wenn ich eingeteilt bin auf diesem Rettungsboot, gibt es jemanden, der auf sie aufpasst, wenn ich im Einsatz bin. Also, wir haben Schichten, wir haben eine Vormittagsschicht und eine Nachmittagsschicht, und ich gehe höchstens eine Schicht mit aufs Boot. Und die andere Schicht über kann ich auch mal im Funkraum sitzen. Ich funke auch sehr, sehr gerne, da hört man die kleine Maus dann auch Funken in ganz Berlin. Alle wissen dann schon: Da kommt die Kleene wieder.
Nadine: Wir sind ja jetzt im Juli, das heißt, jetzt würde ich sagen, geht die heiße Phase auch los für euch im Ehrenamt. Die Leute gehen an die Seen, die Leute wollen aufs Wasser. Hast du ein bisschen Respekt davor, wie die nächsten Monate laufen werden, auch im Hinblick darauf, dass du deine Tochter hast, und jetzt der erste Sommer anders ist?
Mirjam: Ja, natürlich ist es anders. Es ist aber egal, ob es nun Sommer, Herbst, Winter, oder Frühling ist, es ist auf jeden Fall anders. Für uns geht natürlich jetzt die heiße Phase los. Wir haben jetzt gerade Sommerferien in Berlin, die haben jetzt letzte Woche gerade angefangen. Das heißt, die Leute sind auch in Berlin, sind mehr am Wasser, und wir haben Ferien-Besetzungen. Das heißt, auch unter der Woche ist ein Boot eigentlich immer einsatzbereit, um einfach auch in Notsituationen zu helfen. Und es wird natürlich ein anderer Sommer werden, mit ihr zusammen. Ich werde nicht jeden Einsatz mitfahren, den ich sonst immer mitgefahren bin. Ich werde nicht immer auf dem Boot sein. Ich werde viel auf Station sein, viel im Background arbeiten, viel vielleicht auch einfach koordinieren in der Leitstelle. Dass ich als Funkerin da bin und dort einfach unterstütze. Und das sind natürlich für mich Sachen, die eine Umstellung sind – aber auch eine schöne Umstellung. Also, es ist schon schön, wenn du morgens funkst und einen schönen guten Morgen wünscht an alle Stationen, und dann alle Stationen dir zurück und guten Morgen wünschen, und du privat noch Nachrichten von deinen Kameradinnen oder Kameraden bekommst: „Oh, es ist so schön, dich wieder zu hören oder dein Kind zu hören und da geht einem direkt die Sonne auf.“ Das ist einfach wunderschön!
Also, wir sind eine wirklich große Gemeinschaft dort, die das ganze Wochenende zusammen dort verbringt. Und natürlich mussten jetzt mit Kind einige Vorkehrungen getroffen werden. So ein Kind kann nicht durch die Werkstatt krabbeln oder laufen mit den kleinen Schritten. Wir haben einen großen Laufstall, wir haben einen großen Garten, wo wir einfach auch draußen sitzen, wo dann auch Sonnensegel sind oder Sonnenschirme aufgespannt werden und man sich einfach auch wohlfühlen kann, egal ob mit Kind oder ohne Kind. Also man hat auch die Möglichkeit, wenn man jetzt mal nicht mit dem Kind sein möchte oder Quengeln hören möchte, auch mal woanders hinzugehen. Also, das Gelände ist groß genug, man kann mit dem Boot rausfahren, es gibt super viele Möglichkeiten: Schwimmen gehen, alles Mögliche.
Nadine: Habt ihr denn da auch im Babybett, was immer dort steht, oder wie schläft sie da genau?
Mirjam: Genau. Also, im Moment schläft sie noch sehr viel bei mir im Bett, weil sie einfach auch die Nähe braucht, aber sie schläft auch allein. Für tagsüber gibt es auch ein Babybett. Ich nehme auch meinen Kinderwagen mit, jeder schiebt sie gerne durch die Gegend oder geht da mal gerne mit ihr spazieren, einfach hin und her. Oder wir haben eine Trage, und dann wird sie getragen, und sie geht halt durch alle Hände. Also es ist wirklich eine große Familie! Wie wenn man sich so ein Familientreffen vorstellt und alle Onkel und Tanten wollen sie halten und mal Windeln wechseln oder freuen sich, wenn sie da mal die Nudeln von ihrem Teller nimmt. Genauso ist es und das ist halt unglaublich schön! Sie hat durch diese Familie, die wir da vor Ort haben, so viele Onkel und Tanten, und für mich ist es auch so eine große Unterstützung, einfach zu wissen: Hey, die lieben die alle und die lieben mich alle, also freundschaftlich, so wie eine Familie. Und es ist vollkommen egal, was da los ist. Es kann auch einem anderen Kameraden schlecht gehen und wir kümmern uns alle um ihn oder sie. Wir nehmen dich einfach auf und wir sorgen für dich, und wir sorgen auch dafür, dass es dir gut geht, weil du auch dafür sorgst, dass es uns gut geht. Und so eine Gemeinschaft zu haben, ist so viel Gold wert.
Nadine: Richtig schön, vor allem auch du als alleinerziehende Mutter… Also wie gesagt, vollsten Respekt schon für Mütter generell und dann auch noch für dich als alleinerziehende Mutter! Das ist ja wahrscheinlich auch total unterstützend, wenn du weißt: Okay, das ist wie eine Familie, die kümmern sich. Du brauchst keinen Babysitter. Da sind halt einfach deine Kameraden und Kameradinnen, wie du sie nennst, die dann auch mal auf dein Baby aufpassen. Ein Traum!
Mirjam: Ja, und Spaß daran haben! Also, es ist jetzt nicht so, dass ich da hingehe und sage: Hier, nimm mal, ich brauche mal fünf Minuten für mich. Sondern es ist eher so: Mirjam, wo ist dein Kind, ich brauche dein Kind, ich brauche jetzt gute Laune, gib mir dein Kind!“ und ich sage dann so: Ähm, da musst du sie mal suchen gehen.
Nadine: Das heißt, du würdest wirklich sagen, du liebst deinen Job und du liebst dein Ehrenamt. Das sind einfach zwei Sachen, die du beide liebst und beide gleichzeitig ausüben möchtest. Und jetzt hast du noch als dritte Komponente dein Kind dazu.
Mirjam: Und das ist die schönste Kombination überhaupt. Also, ich liebe mein Kind, und ich liebe es, meinem Kind auch beizubringen, wie das Leben ist und was es alles für tolle Sachen gibt. Ich möchte meinem Kind beibringen, dass du ehrenamtlich tätig sein kannst, dass du Spaß daran haben kannst und gleichzeitig auch Spaß an deinem Job haben kannst. Und es schön ist, einen Job zu haben, in dem du dich wohlfühlst und wenn du dann auch noch ein Ehrenamt hast, dass du einfach liebst, weil du ehrenamtlich tätig bist und so viel Gutes tun kannst… Wenn wir bei der DLRG ein Menschenleben retten oder wenn wir Leuten helfen… einfach dieses Glück zu haben, das machen zu dürfen, ehrenamtlich – Es gibt nichts Schöneres!
Nadine: Auf was für Stimmen triffst du von der Gesellschaft als alleinerziehende Mutter, die so viel arbeitet?
Mirjam: Ja, natürlich gibt's die positiven Stimmen, die das total toll finden, dass ich auch mein Kind so viel mitnehme, dass ich auch wieder arbeite, dass ich das alles unter einen Hut bekomme. Die auch Respekt davor haben, also die mich angucken und sagen: „Du, dein Tag hat doch auch nur 24 Stunden, oder hast du so eine Zeitmaschine, dass du den Tag nochmal erleben kannst?“ Aber es gibt auch die Negativstimmen. Also es gibt auch die Stimmen, die sagen: Du bist jetzt Mutter, du musst zu Hause sein, du kannst nicht so viel auf Achse sein, du kannst dein Kind nicht überall mit hinnehmen, du quälst dein Kind damit und und und und. Und das sind sehr, sehr laute Stimmen. Aber ich finde, man muss mit diesen Stimmen auch viel ausdiskutieren. Also man muss einfach viel darüber reden. Man muss denen auch erklären, warum, wieso, weshalb, dass es dem Kind ja auch gut damit geht, so wie es mir damit gut geht, und dass nur eine glückliche Mutter auch ein glückliches Kind haben kann, weil eine unglückliche Mutter auch immer das Unglücklichsein auf dieses Kind übertragen wird. Genauso wächst mein Kind auf und das ist sowohl, ich sage jetzt mal, in meinem „normalen“ Leben als auch in meinem Ehrenamt so. Mein Kind muss in beiden Welten sehr glücklich sein. Und wenn mein Kind dann nicht glücklich ist, dann muss ich etwas ändern. Und im Ehrenamt ist es natürlich auch so, dass ich viele Leute habe und wir abends zusammensitzen und unsere Meinungen austauschen zu einigen Situationen. Es ist genauso wie bei einer Familie. Bei einer Familie kommt ein Thema auf den Tisch und es wird hin und her diskutiert. Und jeder hat seine eigene Meinung. Und genauso ist es auch im Ehrenamt. Jeder, der da ist, hat seine eigene Meinung, und seine eigene Meinung vertritt er auch, und du sitzt dann einfach abends zusammen bei einer Grillwurst oder bei was auch immer und redest darüber. Und dann kannst du dir als eigenständige Person überlegen: Nimmst du das so an oder nimmst du das nicht so an? Und das ist so viel Wert, weil wir ein Schnitt aus der Gesellschaft sind, die wir da sitzen. Wir haben die Handwerker da, wir haben die Hausfrauen da, wir haben den Manager da, wir haben Polizisten, Feuerwehrleute, alles. Also, wenn ich umziehe, dann frage ich egal wen: Ich hab alle Gewerke mit auf der Station oder in der DLRG vertreten, weil wir der Schnitt der Gesellschaft sind und weil wir einfach so vielfältig sind und genauso vielfältig sind auch unsere Diskussionen am Abend. Und dann kannst du daraus die Sachen mitnehmen, die du mitnehmen möchtest, um vielleicht zu merken: Okay, so geht es nicht. Oder zu sagen: Hey, genau deswegen geht es so. Oder du sagst: Okay, ich gehe einen Mittelweg und mache ein bisschen so, ein bisschen so, und das ist einfach so viel wert, so viele Meinungen zu haben und trotzdem zusammensitzen zu können, darüber reden zu können und sich trotzdem noch lieb zu haben. Also zu wissen, ich komme trotzdem nächstes Wochenende raus, auch wenn wir hier jetzt gerade einen Riesenstreit haben. Aber ich kann dich auch einfach unter der Woche anrufen und wir gehen ein Eis zusammen essen oder eine Pizza und dann klären wir unseren Streit, weil wir verschiedene Meinungen haben dürfen. Wir dürfen auf eine Sache unterschiedlich draufgucken, aber trotzdem zusammen einen Weg gehen, denn ich akzeptiere deine Meinung, du akzeptierst meine Meinung, und nur so können wir auch weiter wachsen.
Nadine: Also ich finde immer, dass aber auch jede Mutter, die das vielleicht hört, sagen kann: Okay, für mich ist das nichts, mir ist das zu viel oder das klappt mit meinem Kind nicht. Aber ich finde sich einmischen in ein anderes Leben generell ganz schwierig. Das ist meine Meinung dazu. Also ich würde mir niemals herausnehmen, dir zu sagen: Das machst du blöd oder so. Ich könnte nur für mich sagen, für mich ist das nichts. Und finde den Punkt, den du aber auch gerade gesagt hast, total gut, dass du das mit deinem Kind und deinem Leben vereinbaren kannst. Und wenn das irgendwann mit deinem Kind vielleicht dann doch nicht mehr klappt, dann musst du neu schauen. Solange es gerade klappt, es deinem Kind gut geht, dir gut geht, wieso nicht.
Mirjam: Ja, um Gottes willen! Also ich will jetzt auch nicht irgendwie sagen: Jede Mutter muss das jetzt so machen. Bei manchen geht es nicht. Ich habe jetzt auch nur ein Kind. Wenn ich mir vorstelle, ich habe zwei, drei, fünf, zwölf Kinder – dann wird es auch nicht so laufen. Oder vielleicht schon, aber dann läuft es halt anders. Aber man muss jede Situation neu anfassen und neu denken.
Nadine: Sowohl dein Chef von deiner Arbeit weiß von deinem Ehrenamt als auch dein Ehrenamt weiß von deiner Arbeit. Wie wichtig sind diese Absprachen, die Kommunikation, um das in dieser Art ausführen zu können?
Mirjam: Sehr wichtig. Da die Balance zu finden und zu wissen: Okay, Ehrenamt ist Ehrenamt, Arbeit ist Arbeit, aber trotzdem kann es in gewissen Situationen mal verschmelzen. Die Presse arbeitet nicht abends, wenn ich mit meinem Ehrenamt arbeite, sondern die Presse arbeitet tagsüber und will tagsüber irgendwas wissen. Auch andere Sachen kollidieren dann natürlich mit der Arbeit, und dann ist es natürlich sehr gut, einen Chef zu haben, der dich in deinem Ehrenamt auch unterstützt und sagt: Okay, du brauchst jetzt gerade mal fünf Minuten Telefonzeit, kein Problem, nimm dir diese fünf Minuten. Telefonier und danach kommst du wieder und bist auch wieder mit dem Kopf bei uns. Und genauso ist es bei mir im Ehrenamt. Du brauchst gerade fünf Minuten, um – keine Ahnung – eine Reise zu planen, um eine E-Mail zu schreiben, um irgendwas zu organisieren, zu machen, zu tun. Kein Problem, setz dich hin mit deinem Laptop, arbeite, und danach bist du aber wieder für uns da. Und das ist natürlich sehr, sehr wichtig. Wir können auch auf Stationen sehr viel für uns selbst machen und sind aber dann einhundertprozentig da, wenn wir im Einsatz sind. Und das weiß jeder: Wenn ich im Einsatz bin, bin ich im Einsatz. Das heißt, 100.000-fache Konzentration auf diesen Einsatz. Und danach kannst du mich wieder erreichen, und danach werde ich auch wieder alles beantworten. Aber Einsatz ist nur mal Einsatz. Und da ist es egal, ob es die Person im Wasser ist, ob es das gekenterte Segelboot ist, die Verletzung von dem Kind, das gerade in eine Glasscherbe getreten ist, vollkommen egal, Einsatz ist Einsatz!
Nadine: Kannst du auch irgendwelche Kompetenzen oder Fähigkeiten nennen, die du im Ehrenamt erlernt hast, die dir jetzt im Familienleben helfen? Könntest du da zwei, drei aufzählen?
Mirjam: Organisation, Gelassenheit auf jeden Fall. Also es ist ein großer, großer Pluspunkt, den ich schon gelernt habe. Ja, Organisation, Gelassenheit, so also, das sind so Punkte, die ich auf jeden Fall überall anwende. Ich muss Kurse organisieren, planen, machen, tun. Ich muss aber auch ein Vorbild sein. Ich bin auf Station auch jemand, der ein Team leitet. Auch jetzt in einer Ausbildung leite ich natürlich Teams, und das ist etwas, was mich natürlich beruflich auch sehr stärkt und sehr weiterbringt. Und da muss ich wirklich sagen, hat das Ehrenamt sehr viel zu meiner persönlichen Entwicklung beigetragen. Ja.
Nadine: Du strahlst, wenn du von deiner Arbeit erzählst, also, wie gesagt, es ist ein Podcast. Deswegen seht ihr Mirjam nicht, aber sie ist die ganze Zeit am Strahlen und am Lachen. Wenn du sagen müsstest, was dich selbst auch motiviert, immer weiterzumachen und diese Freude dabei beizubehalten. Was ist das?
Mirjam: Ja, natürlich komme ich auch mal an dem Punkt, wo ich sage: Okay, jetzt ist hier Ende Gelände, ich gebe alles auf, ich habe keinen Bock mehr, und ich mache einfach gar nichts mehr. Aber es ist dann so… dann gehst du montags in diese Schwimmhalle und hast halt deine – also ich hab montags 20 Mäuse um mich herum, die mich alle anlächeln. Oder wenn dann du ein Abzeichen ausstellst und dieses Kind einfach vor Freude platzt, also das ist unbeschreiblich! Diese Freude, die dieses Kind hat, weil es das Seepferdchen gemacht hat. Und dieser Stolz, rauszugehen zu den Eltern – das ist ja so meistens das erste Zeugnis, das sie kriegen. Die meisten Kinder sind entweder gerade in die Schule gekommen oder noch gar nicht in der Schule, kriegen ihr erstes Schwimmzeug und diesen Stolz einfach zu sehen, den sie haben, das ist unbeschreiblich! Und auch im Wasserrettungsdienst ist es natürlich so, wenn du jemandem geholfen hast. Es muss ja gar nichts Dramatisches sein, es kann auch einfach nur das Segelboot sein, obwohl der jetzt schon 50.000 Mal gekentert ist und du einfach hilfst, dieses Segelboot mit aufzurichten und diese Erleichterung, dass wir da sind, dass wir helfen., das einfach zu sehen. Und dann dieses „Danke“, das ist so viel wert!
Nadine: Welche Tipps würdest du jemanden geben, der überlegt, ob er überhaupt alles unter einen Hut bekommt?
Mirjam: Ähm, du schaffst das. Es gibt Leute, die zum Beispiel nur die Ausbildung machen. Es gibt Leute, die nur den Wasserrettungsdienst machen. Es gibt Leute, die sagen: Hey, einmal im Monat nehme ich mir ein Wochenende und komme zum Wasserrettungsdienst: Cool, komm raus, wirklich! Und wenn du nur Samstag kannst, komm nur Samstag raus. Wir haben auch einen Betreuungsplatz. Wenn du da gerne tätig sein möchtest, komm zum Betreuungsplatz. Mach das, was du möchtest und mach das in den Stundenanzahlen, die du gerne möchtest. Werde aber ehrenamtlich tätig, weil dich das einfach auch sozial weiterbringt und du einfach so viel Glück erfährst in einer zweiten Familie. Das ist unglaublich! Also schreib uns gerne an, du kannst gerne das BBK anschreiben, du kannst gerne die DLRG Berlin anschreiben, du kannst gerne deinen Ortsverband anschreiben, irgendeine andere Organisation. Schreib die an, frag, ob du einfach mal vorbeikommen kannst. Also, wir machen auch Schnuppertage. Du kannst auch gerne einen Tag mit in die Schwimmhalle kommen, um zu gucken, ob das was für dich ist. Und wenn nicht, dann nicht. Aber du hast es wenigstens ausprobiert und kannst sagen: Okay, ich habe es mal angeschaut. Aber zu Hause zu sitzen und nichts zu machen, das ist halt… ja…Trau dich!
Nadine: Ich glaube, das ist total gut, dass du es gerade nochmal so gesagt hast, wie man starten kann, denn ich glaube, dass viele auch Lust haben, was Soziales oder Ehrenamtliches zu machen, zu denken: Oh Gott, wie und wo fange ich an? Und dass man vielleicht euch einfach anschreibt und das dann einfach mal ausprobiert und schaut: Was und in welcher Intensität ist das was für mich? Das ist ja super, super cool!
Mirjam: Ja, also, es gibt auch viel über Social Media. Wir haben alle irgendwie mittlerweile Social-Media-Kanäle. Wir antworten alle regelmäßig auf diesen Social-Media-Kanälen. Seht es uns nach, dass es nicht innerhalb von zwei Stunden ist. Wir machen das auch alle nur ehrenamtlich und sitzen nicht die ganze Zeit vorm Handy, aber innerhalb von 24 Stunden antworten wir auf jeden Fall. Schreib uns an. Wir haben auch auf unserer Homepage ein Formular. Da kannst du auch gerne etwas reinschreiben und wir melden uns auf jeden Fall. Und du kannst es dir dann einfach anschauen.
Nadine: Wenn jemand jetzt dich und eure Arbeit bei der DLRG verfolgen möchte, jetzt ist der Platz für Promo. Wie kann man das? Kann man Bilder sehen? Wo kann man dich in Aktion sehen?
Mirjam: Ja, wo kann man uns in Aktion sehen? Wir haben natürlich einen Instagram-Kanal, DLRG Berlin, Facebook-Kanal, auch DLRG Berlin. Jeder einzelne Bezirk ist bei uns auch auf Instagram und Facebook vertreten. Einfach DLRG und dann den Bezirk eingeben. Wir haben eine tolle Homepage, wo du dich auch melden kannst, wo wir auch ein Frage-Antworten-Portal haben, wo du auch was ausfüllen kannst, dass wir dich kontaktieren, wenn du dich nicht traust, uns direkt anzuschreiben über Social Media. Also melde dich einfach und wir finden auf jeden Fall was in deinem Bezirk, wo du dich engagieren kannst, in dem Zeitraum, den du zur Verfügung hast.
Nadine: Vielen, vielen Dank, Mirjam, für dieses tolle Gespräch. Ich finde das sehr inspirierend, wie du alles unter einen Hut bekommst und du kriegst ein High-Five von mir. Und ich wünsche dir und deiner Tochter alles, alles Gute. Vielen, vielen Dank.
Mirjam: Dir auch, es war wirklich ein toller Podcast.
Nadine: Sehr schön! Wenn ihr noch mehr über das Ehrenamt hören und sehen wollt, dann besucht uns doch mal auf unserer Website mit-dir-fuer-uns-alle.de. Dort findet ihr alle Podcast-Folgen. Gleichzeitig begegnet euch dort auch eine Menge anderer Content von und mit Ehrenamtlichen und ihr habt die Gelegenheit, euch weitergehend zum Thema Ehrenamt zu informieren und herauszufinden, welches Ehrenamt zu euch am besten passt. Über unsere interaktive Karte könnt ihr auch ganz leicht die Standorte der Organisation in eurer Nähe finden. Denn egal was du kannst, du kannst helfen!
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