Episode 9: Feuerwehrmann Peter

Shownotes

Peter engagiert sich bei der Freiwilligen Feuerwehr in Münster (Hessen). Als einer der Gewinner der Mitmachaktion „Mein Moment im Ehrenamt“ erzählt er uns im Podcast über den prägendsten Moment und wie man bei der Feuerwehr ausgebildet wird.

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Podcast mit Peter

Intro: Es ist schon was Besonderes, was Schönes. Was man sonst so im Freundeskreis nicht so erlebt, auch wieder ein Grund zur Feuerwehr zu kommen: diese Kameradschaft zu erleben.

Nadine: Hallo und herzlich willkommen bei „Freiwillig Busy,“ dem Podcast übers Ehrenamt. Mein Name ist Nadine Hadad, und ich bin heute für das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe unterwegs. Heute darf ich Peter Groh von der freiwilligen Feuerwehr Münster (Hessen) begrüßen. Gemeinsam wollen wir das Ehrenamt stärken und euch zeigen, dass jede und jeder Einzelne sich mit den eigenen Fähigkeiten einbringen kann, denn egal was du kannst, du kannst helfen.

Peter, schön, dass du hier bist! Hallo.

Peter: Hallo.

Nadine: Du gehörst ebenfalls zu den Gewinnern und Gewinnerinnen der Mitmachaktion „Mein Moment im Ehrenamt.“ Dabei konnten ehrenamtliche Sprachnachrichten aufnehmen, indem sie von einem bewegenden Moment in ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit erzählt haben. In einem offiziellen Voting, bei dem jeder mitmachen konnte, wurden dann die besten vier Geschichten ausgewählt. Deine Geschichte hat es unter die Gewinner geschafft. Herzlichen Glückwunsch nochmal, und sag uns direkt am Anfang, welches Ehrenamt du ausübst.

Peter: Ja, ich bin bei der Freiwilligen Feuerwehr bei mir im Ort Münster, Hessen. Offiziell tätig bin ich seit der Jugendfeuerwehr, seitdem ich zehn Jahre alt bin, aber eigentlich habe ich schon im Bauch meiner Mutter das Ganze in mich aufgenommen, weil die aktiv bei der Feuerwehr ist und da auch im schwangeren Zustand noch bei der Feuerwehr war und mich quasi eingeführt hat. Ich habe das quasi über die Nabelschnur aufgenommen

Nadine: Wir haben ja ein Vorgespräch, erzähl uns mal, wann du deinen ersten Einsatz mitmachen konntest. Wie alt warst du da, und wie war das für dich?

Peter: Mein erster Einsatz war, da dürfte ich so 17 ein halb, 18 vielleicht gewesen sein. Das ist sicherlich bei vielen so, dass sie den ersten Einsatz nicht vergessen. Das war nachts. Ich habe meine Socken nicht gefunden, bin dann ohne Socken, nur in Schlappen ins Feuerwehrhaus, bin dann in meine Stiefel rein, hab dann dagestanden, das fühlt sich so schlecht an in den schweren Stiefel ohne Socken. Zum Glück wurden aber an dem Tag nur Atemschutzgeräteträger von unserer Feuerwehr gebraucht, sprich, ich konnte ganz schnell wieder aus meinen Stiefeln raus. Für mich war es in Anführungsstrichen dann ein Fehlalarm, aber ich habe gelernt, nie ohne Socken ins Feuerwehrhaus zu fahren, das war die erste Nacht, direkt nach meinem bestandenem Grundlehrgang, bin ich sofort alarmiert worden. War dann ganz schön, wenn das das erste Mal nicht stünden- äh tagelang auf sich warten zu müssen, sondern wirklich gleich nach dem Grundlehrgang in der Nacht zum nächsten Tag war dieser Alarm.

Nadine: Du sitzt mir heute gegenüber, weil du bei der Mitmachaktion „Mein Moment im Ehrenamt“ mitgemacht hast. Dabei konnten sich Ehrenamtliche bewerben. Mit ihrem bewegenden Moment und dann einem ganz offiziellen Voting wurde abgestimmt, wer gewinnt, und dabei kamen vier raus, und du warst dabei. Erzähl uns mal von der Geschichte, mit der du dich beworben hast, und auch wieso.

Peter: Um was gings? Es war, an einem Unterrichtsabend, wo wir normalerweise uns zum Unterricht treffen, kam dann der Alarm. Wir sind dann zu einem Gebäudebrand gefahren, und ja, über kurz oder lang kam die Situation dann auf, dass ich als Atemschutzgeräteträger mit dem ersten Angriffstrupp oder als erster Angriffstrupp mit einem Strahlrohr bewaffnet in die brennende Wohnung rein bin, und der eigentliche Moment war dann, nachdem wir die Wohnungstür geöffnet hatten. Da gab es so, es war nur eine Sekunde, vielleicht zwei, aber man hat mal so den Raum von links nach rechts betrachtet, bevor man wirklich mit der Brandbekämpfung angefangen hat. Und diese eins, zwei Sekunden, wo man mal den Blick hat schweifen lassen und wirklich der gesamte Raum in Flammen stand. Also ob das Decke, Bodenbeläge, Couch, Schränke, es brannte, alles. Das hatte sich sehr eingebrannt, was man jetzt nicht sieht. Ich kriege eine Gänsehaut, wenn ich das erzähle. Also das war so einer der Momente, wo ich sage, das hat mich irgendwie geprägt.

Nadine: Als du in diesem Moment warst, was war für dich da so besonders? Also, dass alles in Flammen steht, die Angst um die Menschen, die da vielleicht noch drin waren oder drin sind, dass du in dieser Situation bist, hattest du da auch Angst um dich, um deine Kameraden beziehungsweise Kameradinnen?

Peter: Also, wir wussten zu dem Zeitpunkt, da sind keine Menschen mehr im Gebäude. Das war natürlich schon mal beruhigend. Angst war es nicht, weil wir betreiben Ausbildung genau für so eine Situation. Man muss immer einen gewissen Respekt davor haben. Aber Angst ist das falsche Wort, was mich da jetzt so beeindruckt hat, war wirklich diese komplette Flammenwand. Wenn ich vorher ein Feuer gesehen habe, PKW gebrannt, dann hat der vorne gebrannt oder hat im Personen Raum gebrannt oder eine Garage, die brennt dann irgendwie so räumlich begrenzt. Aber das war so das erste so komplett für mich, wo ich dann drinnen stand. Ja, es war einfach sehr viel Feuer, das war nicht mein größtes bis dato, aber es war irgendwie in dem Raum einfach alles in Flammen. Das hatte ich so in der Form noch nicht erlebt, und das hat mich in dem Moment irgendwie beeindruckt. Das Bild habe ich noch so vor mir.

Nadine: Spürt ihr das durch eure Anzüge, auch die Hitze?

Peter: Ja, über einen gewissen Zeitraum isoliert der Anzug natürlich, aber es gibt einfach Momente, da wird es dann doch so warm, dass man es auch merkt. Wir sind gut geschützt, hat auch den Nachteil, wir kommen dem Feuer immer näher, im Gegensatz zu früher, wo man da mit einfachsten Klamotten an solche Brandeinsätze. Da hat man natürlich früher gemerkt, oh, jetzt wird es zu heiß. Jetzt kommt man der Sache natürlich noch ein Bisschen näher. Da muss man ein bisschen mit Respekt eben an die Sache rangehen, dass man nicht zu nah rangeht oder zu schnell an die Sache rangeht, weil irgendwann kommt der Punkt, dann wird es thermisch ganz schnell warm in einem, aber das ist mir persönlich jetzt zum Glück noch nicht passiert.

Nadine: Das ist auf jeden Fall eine beeindruckende Geschichte. Lass uns nochmal zu deiner alltäglichen Arbeit zurückkehren. Du hast, grad, würde ich sagen, nicht den Pieper an dir, oder hast du, trägst du den Pieper immer mit?

Peter: Tatsächlich, ausnahmsweise mal nicht, aber ich habe ihn sehr, sehr häufig dabei.

Nadine: Wie ist es für dich, wenn der Pieper losgeht?

Peter: Im ersten Moment gibt es einen kurzen Schreckmoment.

Nadine: Immer?

Peter: Eigentlich immer. Ganz lustig: vor einer Woche habe ich einem neuen Kameraden noch eine WhatsApp geschrieben: Achtung, in 15 Minuten ist Überprüfung nicht erschrecken. 15 Minuten später, als der Piepser ging, habe ich mich selbst erschrocken. Also, man schreckt immer erstmal auf. Wenn dann die Überprüfung ist, kommt ganz schnell der Umschalter, ist ja nur Überprüfung, also das ist dann sofort wieder weg. Und ansonsten, man ist sofort in einem gewissen anderen Modus. Man tut sich mal mit der Tageszeit auseinandersetzen. Haben wir jetzt Nacht? Haben wir es tagsüber? Wieviel Kameraden können zum Beispiel kommen? Tagsüber sind natürlich weniger Kameraden, weil sie halt arbeiten, zur Verfügung. Nachts ja, muss ich dann irgendwie ist ne Veranstaltung im Ort, muss mit Betrunkenen auf der Straße rechnen zum Beispiel? Das sind lauter solche Gedanken, die man sich eben machen muss. Wie ist das Wetter? Bin ich im Winter unterwegs? Hat es geregnet? Ist es vielleicht gefroren? Auch der Weg ins Feuerwehrhaus muss dann einfach ein bisschen bedacht werden. Also, man schaltet ganz schnell in so einen Überlegungsmodus ein. Natürlich macht man alles schnell. Man versucht natürlich, schnell in die Feuerwehr zukommen. Statistisch gesehen, glaube ich, sind wir innerhalb von zwei, drei Minuten rückt das erste Fahrzeug bei uns aus, weil halt doch eine Handvoll Leute in der Nähe des Feuerwehrhauses wohnen. Aber man muss trotzdem immer ein bisschen vorsichtig sein. Es kann immer mal irgendwas Unvorhergesehenes. Die Straßen sind nicht automatisch für uns frei. Aber ja, es ist kurze Schrecksekunde, weil man einfach ein lautes Geräusch hört, dann Konzentration und sich sammeln. Habe ich selbst mein Herd ausgeschaltet, zum Beispiel, wenn ich loslaufe oder ist sonst irgendwas? Was ich jetzt nicht sofort verlassen kann, kann ja auch mal vorkommen, aber man ist da relativ, ja routiniert, bedacht. Also, ich versuche es zu sein, wenn ich auch sonst durchaus hektisch sein kann. Da versuche ich mich mal ganz kurz zusammenzureißen, und habe ich jetzt nicht irgendwas unkontrolliert zurückgelassen.

Nadine: Meintest du Überlebensmodus oder Überlegens-Modus?

Peter: Überlegungsmodus, man überlegt.

Nadine: Okay, interessant, ich dachte gerade, ob du dich in Anführungsstrichen versprochen hast, weil ich dachte, okay, man kommt in so ein Überlebensmodus, aber du meintest wirklich Überlegensmodus, was du als nächste Schritte durchgehst.

Peter: Ich fange dann wirklich an zu überlegen, was ist das Meldebild? Es gibt ja so ein paar kleine Informationen, die wir mit dem Pager dann bekommen, ob es sich um ein Feuer handelt, um eine technische Hilfeleistung, manchmal auch schon ein paar Details. Ist es Wasser im Keller? Gut? Wenn es jetzt stark regnet, kann man sich das häufig auch schon denken, was jetzt tagelang heißt, es ist ein Waldbrand zum Beispiel, und dann fängt man schon an zu überlegen. Okay, die Meldung ist Waldbrand. Welches Fahrzeug fährt als erstes raus? Wie ich vorhin gesagt habe, wie viele Leute können jetzt kommen? Ist es tagsüber, habe ich Urlaub, und deswegen muss ich mit weniger Leuten rechnen, weil andere halt arbeiten sind, nur ich zufällig da bin? Es kommt immer welche, dass es klar ist, es arbeiten ja auch Leute im Ort oder auf der Gemeinde, aber trotzdem macht man sich dann Gedanken, wie schnell muss ich vielleicht noch andere Kräfte dazu alarmieren? Das sind lauter so Gedanken, die man sich halt auf der Fahrt ins Feuerhaus schon mal machen muss.

Nadine: Also für die, die es vielleicht nicht so vertraut sind mit der Arbeit bei der freiwilligen Feuerwehr, wenn du in Münster Hessen bist, bist du da 24/7, theoretisch abrufbar, also wenn was passiert, kriegen alle von der freiwilligen Feuerwehr eine Meldung, und dann kann der entscheiden, der gerade reagiert, und dann wird es koordiniert. Wie läuft es ab?

Peter: Ja, also, es ist nicht so, dass wir 24/7 zur Verfügung. Natürlich ist die Feuerwehr 24/7 zur Verfügung. Hauptberuflich arbeite ich natürlich, heißt, von halb sechs bis um 16 Uhr ungefähr bin ich außer Haus. Dann lohnt es sich nicht, von der Arbeit bis ins Feuerwehrhaus zu fahren. Da hätte ich eine halbe Stunde Anfahrt. Das kann man bei Meldung, wenn ne Lagerhalle brennen, wenn wir wieder mal einen großen Waldbrand haben, oder sowas, dann könnte man sowas überlegen. Aber normalerweise, wenn ich arbeiten bin, bin ich arbeiten, da gehe ich nicht von der Arbeitsstelle weg.

Nadine: Hast du den Pieper trotzdem da bei dir?

Peter: Ich lege ihn in den Kofferraum meines Autos, wenn ich dann mein Auto verlasse, und stecke ihn danach wieder an, wenn ich zurückkomme, dass manchmal geht man ja nach der Arbeit noch einkaufen oder so, dass man da dann schon wieder mitkriegt, wenn was ist, aber wirklich in diesen acht Stunden, wo ich arbeiten bin, habe ich den Pieper nicht dabei. Es gibt ja auch noch eine App, die mir sagen würde, dass ich also informiert bin ich.

Nadine: Ah wirklich, also, du bist theoretisch 24/7 informiert.

Peter: Informiert, ja, und wir unterscheiden auch ein bisschen. Bei uns heißt es umgangssprachlich Schleifen, unterschiedliche Schleifen auf unserem Pager. Das heißt, es gibt zum Beispiel Leute, die Führungskräfte sind, die haben dann extra eine Führungskräfte Schleife. Dann gibt es Leute, die auf der Gemeinde arbeiten, die haben eine extra Schleife, wenn man nur eine kleine Gruppe tagsüber gebraucht wird. Wir haben Leute, die eine Teleskopmast Schleife haben, bedeutet, wenn unser Hubrettungsgerät, wir haben, so ein Teleskopmast, wenn das eingesetzt werden muss oder auch in die Nachbarschaften fährt, dann werden nur die dafür ausgebildeten Leute alarmiert. Also, das kann man mittlerweile in der digitalen Welt sehr gezielt alarmieren lassen, und es kommt also nicht immer jeder.

Nadine: Okay, die Nachricht, theoretisch könnten alle abrufen, aber wer so direkt angesprochen wird, das wird gesteuert heutzutage.

Peter: Auch die Nachricht kriegt nicht jeder.

Nadine: OK.

Peter: Also, wenn ich jetzt einen Einsatz habe im Nachbarort, wo nur unseren Teleskopmast benötigt wird, zum Beispiel, dann werden auch nur die, ich weiß jetzt gar nicht, wie viel das sind, sagen wir mal, 20 oder 25 Leute alarmiert, die auf diesem Fahrzeug ausgebildet sind.

Nadine: Bei eurer Feuerwehr gibt es eine besondere Ausbildung, weil ihr schon ganz, ganz junge Kinder ausbildet. Die Bambini Feuerwehr. Hast du mir erzählt. Erzähl uns mal, was es damit auf sich hat.

Peter: Ja, es gibt die Bambini Feuerwehr seit 2009. Früher gab es die Jugendfeuerwehr, nur die Jugendfeuerwehr ab zehn Jahren, und mit zehn Jahren sind heutzutage Kinder, häufig in anderen Vereinen aktiv, Fußballverein oder anderen Sportverein, und dann kann ich sie nicht mehr so für die Feuerwehr begeistern, so leicht. Und dadurch haben wir eben diese Jugendfeuerwehr damals gegründet, um Kinder früher abzuholen. Eine Ballschule beim Sportfan ist ganz selbstverständlich. Bei der Jugendfeuerwehr gab es einfach keine Möglichkeiten. Mit dieser Bambini Feuerwehr hat man also die Möglichkeit, Kinder frühzeitig für die Feuerwehr zu interessieren. Und mit sechs Jahren, welches Kind träumt nicht mit sechs Jahren davon, sich ein Feuerwehrauto mal von innen anzugucken, im Feuerwehrhaus zu sein, mal ein Feuerwehrschlauch oder ein Strahlrohr in der Hand zu haben? Mit sechs Jahren, kann man Kindern noch viel, viel leichter für die Feuerwehr begeistern.

Nadine: Und wie oft sind die dann bei euch, so einmal die Woche?

Peter: Die Bambini-Feuerwehr trifft sich alle zwei Wochen, und es ist auch nicht nur reine feuerwehrtechnische Ausbildung, so wie es die Jugendfeuer macht. Die macht ja schon sehr viel mit wie lege ich Schläuche aus, wie stelle ich Leitern. Bei der Bambini Feuerwehr ist es noch so ein bisschen spielerisch. Die machen also Bastelnachmittage oder im Winter Plätzchen backen, machen mal einen Ausflug irgendwo anders dahin in eine Leitstelle oder mal in den Zoo, und ab und an kommt auch ein Aktiver der Feuerwehr in diesen Unterricht rein und macht eben was Feuerwehrspezifisches. Ich hatte jetzt zum Beispiel dieses Jahr, Schutzausrüstung, ganz allgemein das Thema Schutzausrüstung mal vorgetragen, wo man den Kindern dann gezeigt hat, es gibt Brandschutzkleidung, es gibt Chemie-Schutzkleidung, es gibt für Motorkettensägen Ausbildung extra Schnitt Schutzkleidung, sowas wird dann mal gezeigt, dass sie das alles mal gesehen haben, was es für ein großes Gebiet gibt bei der Feuerwehr.

Nadine: Als du angefangen hast bei der freiwilligen Feuerwehr, also du warst schon, haben wir am Anfang gesagt, deine Mama hat dich schon theoretisch das dir in die Wiege gelegt. Und du hast mir eine süße Geschichte erzählt, und zwar an deinem Geburtstag. An deinem zehnten Geburtstag hast du deinen Geburtstag unterbrochen, weil du endlich zur freiwilligen Feuerwehr gehen konntest und anfangen konntest. Wie war das?

Peter: Ja, so ganz kann ich mich gar nicht mehr daran erinnern, aber ich weiß, es war so, es war irgendwie für mich ganz selbstverständlich. Ich hatte an einem Mittwoch Geburtstag, und wie das dann halt so ist, man sitzt mit der Familie zum Kaffeetrinken und Kuchen zusammen, und irgendwie, ich schätze mal, es muss halb sechs, viertel vor sechs gewesen sein, habe ich gesagt, so, jetzt gehe ich, und dann habe ich die Party verlassen, würde ich mal sagen. Also, es war natürlich nur ein gemütliches Kaffee trinken, aber für mich war das sehr wichtig. Damals dann, jetzt darf ich zur Jugendfeuerwehr.

Nadine: Statistisch gesehen bewerben sich ja immer weniger Leute für die Feuerwehr, aber ihr habt keine Probleme, weil ihr durch diese Bambini Feuerwehr eigentlich recht gut aufgestellt seid in eurem Ort. Ich glaube, du hast dir auch ein paar Zahlen rausgeschrieben, wie sie dazu steht. Ich sehe dein Zettelchen vor dem Mikro. Wie sieht's im Allgemeinen aus, und wie ists bei euch?

Peter: Also grundsätzlich gehen die Zahlen bei Ehrenamtlichen, glaube ich, zurück, die, das ist einfach so ein Trend. Wir haben das große Glück mit unserer Bambini Feuerwehr, dass die so eine gewisse Grundlage hergibt. Aber Quereinsteiger sind für uns auch wichtig. Also es ist schön, dass wir so viele Quereinsteiger haben. Wäre natürlich schön, wenn da nicht so ein großer Einsatz, das Resultat daraus ist und danach erst die Quereinsteiger kommen. Aber jeder kann so was machen, für jeden gibt es eine Aufgabe. Von daher ist das quasi ein Aufruf. Natürlich nicht alle bei uns in der Feuerwehr, aber jeder kann in jede Feuerwehr gehen, sich da einfach mal zu melden und gucken, ob man da nicht ehrenamtlich sich engagieren möchte.

Nadine: Wie kannst du dir das erklären, dass sich immer weniger Leute für die freiwillige Feuerwehr bewerben?

Peter: Ja, schwierige Frage. Weil ich das so mit Herzblut lebe, kann ich das mir schwer erklären. Aber ich glaube, es ist jeder so ein bisschen egoistischer geworden. Jeder guckt so nach seinem Grundstück, man guckt nicht mehr rechts und links. Braucht der Nachbar irgendwie Hilfe bei irgendwas? Ja, die Welt ist ein bisschen egoistischer geworden, glaube ich, und deswegen ja, soll jeder zum Ehrenamt kommen. Das ist eine schöne Sache.

Nadine: Das ist eigentlich ganz gut, dass du schon gesagt hast, aber vielleicht kannst du den Leuten auch nochmal klarmachen, wie wichtig es ist, dass genug Leute bei der freiwilligen Feuerwehr sind und wirklich dieses Ehrenamt auch ausüben.

Peter: Ja, es ist wichtig, genau wenn sich jeder mal vorstellt, sein Keller ist unter Wasser, sein Haus brennt, und es kommt einfach niemand. Die Vorstellung ist, glaube ich, das kann sich keiner vorstellen, weil Feuerwehr ist immer da. Ich hatte auch schon in der Vergangenheit, wenn man so umgehende Leute mal mit denen gesprochen hat, die denken immer, die Berufsfeuerwehr oder wir wären eine Berufsfeuerwehr, wir wären 24 Stunden besetzt. Es ist halt eben nicht so. Also das ist ganz vielen Leuten gar nicht klar, dass wir das alles im Ehrenamt freiwillig machen, und das ist eben der Punkt. Das muss den Leuten vielleicht nochmal bewusst werden, dass sie es selbst auch machen können, weil es andere ja auch schaffen.

Nadine: Wie ist es nochmal prozentual ungefähr verteilt? Wie viele Leute sind von der Berufsfeuerwehr, und wie viel Prozent ist wirklich übers Ehrenamt abgedeckt.

Peter: Ich habe jetzt nur die Zahlen mal von 2019 waren die, glaube ich, da reden wir von ganz grob gesagt, 1 Million und 50 000 Feuerwehrleuten in Deutschland. Davon sind 1 Million freiwillige Feuerwehren und eben 50 000 nur Berufsfeuerwehrleute. Also in Hessen gibt es die Regel, ab einer Einwohnerzahl von 100 000 muss eine Berufsfeuerwehr aufgestellt werden. Ich weiß jetzt nicht, wie es in anderen Bundesländern ist, aber dementsprechend bei uns im Umkreis gibt es nicht so viele Berufsfeuerwehren. Das ist dann einfach mal ein Fakt. Also, wenn bei uns im Ort ein Haus brennen würde und die nächste Berufsfeuerwehr würde anfahren, selbst mit tatütata, auch so ein Lkw fährt nicht so schnell, wären die mal eine halbe Stunde unterwegs, und vorhin habe ich es kurz erwähnt, wir rücken normalerweise nach zwei bis drei Minuten aus. Da sind wir natürlich schneller am Einsatzort.

Nadine: Bekommst du diese Art von Wertschätzung von den Leuten im Alltag zurück?

Peter: Ganz unterschiedlich, ja, es gibt natürlich Leute, die sind dankbar, wenn ich jetzt an solche Unwetterereignisse denk, wo mal Wasser im Keller ist. Aber manchmal ist es auch nicht ganz so schön. Dann ist es so selbstverständlich. Da kommt jetzt jemand, ich hab die Feuerwehr angerufen, es kommt jemand zwei, drei Männer, Frauen, die mir den Keller jetzt auspumpen und sauber machen. Es kommt natürlich dann immer so ein bisschen hmm, wir sind ja jetzt auch keine Putzkolonne. Aber es gibt auch ganz häufig Menschen, die da wirklich dankbar sind, wo man dann denen schon ansieht, wenn wir kommen, endlich! Die haben auch Verständnis, dass man nicht immer sofort kommen kann, weil es gibt Leute, die haben Wohnkeller, die 30 Zentimeter unter Wasser stehen. Dann müssen wir einen reinen Lagerkeller mit zehn Zentimeter Wasser nicht unbedingt priorisieren.

Nadine: Was würdest du sagen, treibt dich an? Also, du hast gesagt, du machst das wirklich mit Herzblut, dass du dieses Ehrenamt einfach schon so viele Jahre ausübst und auch immer weiter ausüben willst. Du begibst dich ja auch in Gefahrensituationen. Es ist vielleicht oft nicht die Wertschätzung vorhanden, die du dir vielleicht wünschst für dich, in deine Kameraden und Kameradinnen. Was treibt dich an?

Peter: Also ich mache es eigentlich wirklich gerne und mit Stolz. Also ich bin wirklich gerne hilfsbereit. Die Wertschätzung, da lege ich gar nicht so viel Wert drauf. Also, ich brauch diese Wertschätzung nicht, aber es ist sehr, sehr schön, wenn sie da ist. Aber es ist wirklich schön, wenn dann Leute, wenn man ihnen ansieht, dass sie sich freuen. Aber ich mache das wirklich sehr gerne.

Nadine: Hast du da irgendwie eine schöne Geschichte, die dir so im Kopf fest ist, wo du irgendwie mal in dem Einsatz warst und danach irgendwie jemand dir so weiß nicht irgendwas, Dankbarkeit und Wertschätzung so rübergebracht hast, wo du dachtest, so okay, das ist jetzt erst mal für die nächsten zwei Jahre, wenn da jemand ein bisschen mürrisch ist, ausgesorgt.

Peter: Hm, es gibt tatsächlich so eins, zwei Menschen, die im Nachgang noch mal auch bei uns aufgeschlagen sind, oder wir kriegen mal eine Karte dann ins Feuerwehrhaus. Das ist immer schon ganz schön, wenn an unserem schwarzen Brett so eine Karte aushängt. Es gibt tatsächlich trotzdem zwei, wo wir noch so ein bisschen im Hintergrund in Erinnerung geblieben sind. Es war einmal eben von diesem Dachstuhlbrand, von meiner Geschichte. Die Anwohner kamen da noch mal und haben sich vor die Mannschaft gestellt und bedankt. Und wir hatten mal einen Verkehrsunfall? Ich weiß nicht mehr, wie lange der her ist, wo wir relativ lange gebraucht haben, um eine verletzte Person eben retten zu können, und die Frau kam, das war vielleicht ein halbes Jahr oder ein Jahr später, immer noch mit Krücken und immer noch eingeschränkt und sagt einfach, sie muss sich jetzt mal bedanken für ihre Rettung damals!

Nadine: Ich merke, wenn du darüber sprichst, das kostet dich auch. Ja, es ist gar nicht schlimm, also, es ist auf jeden Fall, es berührt dich. Es ist ja auch heftig, was du erlebst. Wie schaffst du es trotzdem irgendwie? Es klingt so, es klingt jetzt ein bisschen platt, aber irgendwie so auch psychisch stabil zu bleiben und die Dinge weiter zu machen, mit Kraft auszuüben und trotzdem noch so empathisch, wie du es bist.

Peter: Das ist so ein Schutzinstinkt. Ich kann mich an manche Dinge auch einfach nicht so erinnern. Ich glaube, das ist ganz natürlich. Kann, das kann man, glaub ich, in der Psychologie irgendwo auch nachlesen, dass der Mensch Sachen vergisst, um sich zu schützen.

Nadine: Wenn du solche Dinge erlebst und dann nach Hause kommst, zu deiner Familie, sprichst du da manchmal noch drüber, um die Dinge zu verarbeiten, oder eher mit deinen Kameraden und Kameradinnen, dann auf der Feuerwehr, oder lässt du das, machst du das Kapitel so ein bisschen zu und sagst: Okay, jetzt wieder privat, und am nächsten Tag geht es weiter.

Peter: Auch schwierige Frage. Ich glaube, ich erzähle so ab und an was zu Hause, aber die Details lasse ich dann raus, da gehts so ein bisschen auch um die Person selbst, die verunglückt ist. Da will man nicht zu nah an die Person gehen. Genau die soll so ein bisschen ihren eigenen Schutz auch haben. Natürlich erzählt man so allgemein, was man später auch in der Presse lesen kann oder was man dann selbst in dieser Situation dann im Detail gemacht macht hat. Aber man muss ein bisschen Abstand bewahren, wenn es einen selbst belastet, soll es nicht noch dann die Familie belasten. Natürlich fragen sie auch mal nach oder so, aber ich versuche, glaube ich, nicht zu sehr ins Detail zu gehen.

Nadine: Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich großen Respekt bis sogar Angst vor Feuer hab. Das wird einem ja auch von Kind einfach so beigebracht: Pass auf Feuer! Und die Vorstellung, einfach so nah in Berührung mit Feuer zu sein, finde ich, wie ich gerade schon gesagt habe, schon beängstigend. Hattest du das am Anfang auch? Wird es mit der Zeit abgebaut? Gewöhnt man sich dran? Was würdest du da mir oder anderen Menschen sagen?

Peter: Es brennt ja nicht immer bei der Feuerwehr. Angst ist sicherlich verkehrt. Respekt ist das richtige Wort. Man muss Respekt vor der ganzen Sache haben, man muss es im Auge behalten. Aber nicht jeder Einsatz ist ein Brandeinsatz, und man gewöhnt sich dran. Ist vielleicht falsch gesagt, aber mit der Ausbildung und mit der Erfahrung hat man einfach einen anderen Hintergrund mit der ganzen Sache. Es gibt auch Ausbildungsmöglichkeiten, wo man dann wirklich in solchen Brandsimulationscontainern arbeiten kann und mal nah ans Feuer rankommt. Aber man braucht eigentlich keine Angst zu haben. Die Ausbildung ist so gut, dass man sicher souverän dabei vorgehen kann.

Nadine: Und wahrscheinlich lernt man auch, also, ihr habt ja auch die Anzüge an und die Werkzeuge, und wahrscheinlich kriegt man auch mit der Zeit einfach vertrauen, auch in das Material, in die Dinge, die dich schützen, in deine Kameraden, in die Strukturen, wie so ein Einsatz läuft. Und dann kommt dadurch die Gewöhnung und die Angst, wenn sie da war geht, weg, und man hat einfach nur eine Form von Respekt, und sieht das als Arbeit, Fragezeichen?

Peter: Ja, dass, man legt einen Schalter um, und man tut jetzt etwas abarbeiten, genau. Dass es nebenher brennt, das ist dann so beiläufig, sage ich mal, man hat eine Aufgabe, ist, Personensuche, zum Beispiel, und nebenher macht man dann das Feuer aus. So ein bisschen gesagt, aber das ist nicht so super spektakulär wie man, dass man da jetzt Angst davor haben müsste. Natürlich gibt es immer extrem Situationen, immer ganz besondere Brände, wo sicherlich auch mal jemand Angst hatte, aber eigentlich so im Vorfeld muss man sich da keine Gedanken machen. Das sind dann eher die Einzelfälle, sondern man kann mutig an die Sache rangehen, mit Lust an die Sache rangehen und bisschen Respekt, und dann kriegt man das eigentlich hin.

Nadine: Man wird ja auch wahrscheinlich nicht direkt als Anfänger oder als Anfängerin in den Großbrand geschickt, sondern man wird von Einsatz zu Einsatz immer geschulter und wird dann auch zu größeren Einsätzen gebracht, um auch diese Herausforderungen stemmen zu können.

Peter: Genau also, wir versuchen wirklich, wenn es um einen Atemschutzeinsatz geht, dass wir immer einen Erfahrenen und Unerfahrenen zusammenstecken, aber nie zwei Unerfahrene, dieses erste Mal irgendwie jetzt ihr erstes Feuer sehen, würden bei uns nie zusammen in ein brennendes Gebäude geschickt werden.

Nadine: Hast du denn schon mit Leuten gesprochen, die sich irgendwie bewerben wollten oder anfangen wollten und gesagt haben, eigentlich habe ich total Lust, aber ich habe Angst vor Feuer, und was hast du dir dann gesagt, oder kennst du das nicht?

Peter: So explizit Angst vor Feuer hatte ich tatsächlich noch niemanden, der gesagt hat, deswegen geht da nicht zur Feuerwehr. Aber das eine oder andere Gespräch hatte ich jetzt schon, dass jemand „um ja wäre, vielleicht was für mich“ und dass ich ihm dann einfach mit Begeisterung erzählt habe, dass es einfach schön ist, dieses Ehrenamt abzuleisten, und das Feuer ist zweitrangig. Es brennt nicht jeder Einsatz.

Nadine: Es sind einfach so eine Breite an Dingen, die du auch erlebst, also so von Keller auspumpen, Wasser, Verkehrsverunglückte, der brennende Dachstuhl. Also es ist wirklich, weiß nicht manche ich auch übe so einen Job mehr aus, und du machst einfach gefühlt 20 Jobs in einem.

Peter: Es ist ja kein Job, es ist ja nur ein Hobby.

Nadine: Na ja, ist nur ein Hobby.

Peter: Ein Hobby, ein Ehrenamt? Ja, das Spektrum der Feuerwehr ist natürlich wirklich sehr breit. Also, ich könnte jetzt, wenn ich auf der Homepage gucke, was wir so an Alarmstichworten haben von wirklich großen Waldbränden, die wir jetzt hatten, Zugunglück, Verkehrsunfälle, Feuer natürlich, wir haben schon ein sehr breites Spektrum. Ja, aber auch das ist kein Grund, ein Ehrenamt nicht auszuüben. Es gibt für jeden was zu tun, also wir können jeden gebrauchen.

Nadine: Ja, du beschreibst das Ehrenamt als dein Hobby.

Peter: Ja.

Nadine: Ist es dein Lieblingshobby? Hast du überhaupt noch Zeit für andere Hobbys?

Peter: Es ist mein Lieblings Hobby, ja. Ein anderes Hobby? Gut, wenn man Familie hat, hat man automatisch das Hobby Familie noch irgendwo. Ich gehe zum Beispiel regelmäßig wandern. Das ist für mich so ein Ausgleich, und auch in der Zeit bin ich dann nicht für die Feuerwehr zur Verfügung, weil meistens fahr ich dann ein bisschen weiter weg, und dann ist es auch schon passiert, dass dann ein Alarm reinkam. Dann bin ich dann halt nicht dahingefahren. Das ist bei uns tatsächlich so weit, Freiwillige Feuerwehr, soweit du zur Verfügung stehst, sollst du natürlich zu einem Einsatz kommen, wenn ich aber jetzt wirklich unterwegs bin, im Urlaub oder ebenso auch ein Tagesausflug, mal irgendwie unterwegs bin, an einem Geburtstag was getrunken habe oder sowas, es gibt natürlich genügend Gründe, warum ich nicht zur Feuerwehr gehen kann, und auch das sollte jeder wissen. Es ist nie ne Verpflichtungen, du musst jetzt zum Einsatz kommen.

Nadine: Fühlst du dich dann schlecht, wenn du nicht beim Einsatz bist?

Peter: Du hast gemerkt, ich bin ein emotionaler Mensch. Tatsächlich, ja. Also, wenn ich nicht gehen kann, fühle ich mich schlecht, auch wenn es mal eine Ansage gibt. Es gab mal eine Zeit lang, da hatten wir sehr viele Brandmeldeanlagen in einem bestimmten Objekt, und da sind wir sehr häufig nachts hingefahren, und da ist die Motivation bei einigen Kameraden auch ein bisschen schlechter geworden, und dann gab es auch mal eine Ansage. Es könnte eben nicht sein, dass man nicht kommt. Wir sollen schon immer kommen, egal auch wenn es die Meldung zum x-ten Mal ist, und da bin ich auch so ein Mensch, der fühlt sich dann gleich angesprochen. Da kann ich alle Einsätze mitfahren, aber ich fühle mich da trotzdem immer ein bisschen schlecht. An der Stelle bin ich leider Gottes doch ein sehr emotionaler Mensch.

Nadine: Und auch wahrscheinlich, und auch verantwortungsbewusster oder als es ist, weil du ja sagst, es ist keine Pflicht, aber du fühlt sich wahrscheinlich einfach für deinen Ort so, und die Menschen dort und alles, was da passiert, sehr verantwortlich. So habe ich das Gefühl gerade.

Peter: Man ist so ein bisschen persönlich sich verpflichtet. Also, dass, mir hat noch nie jemand gesagt, ich müsste öfters zur Feuerwehr kommen, um Gottes willen, aber ich empfinde das so, dass ich das einfach für mich machen muss. Also jetzt einfach nur: Ach, heute habe ich mal keine Lust, das gibt's nicht!

Nadine: Also, es muss auf jeden Fall mehr von Peters wie dich geben. Das ist ja, da wäre die Welt ein bisschen besser, ist mein Gefühl gerade. Du bist ja, ich kann's immer kaum glauben, wenn ich mit euch hier sprechen, weil für mich klingt es so, als wäre das super viele Stunden, die du schon auf der freiwilligen Feuerwehr bist, aber du bist ja eigentlich Chemielaborant. Wie ist das vereinbar mit deinem Ehrenamt, und was magst du lieber?

Peter: Fiese Frage. Ja, wie ist es vereinbar, wenn ich auf die Arbeit gehe, hatte ich ja vorhin schon gesagt, nehme ich kein Piepser mit. Das lohnt sich einfach nicht, weil die Arbeitsstelle zu weit weg ist. Jetzt kann es natürlich auch mal sein, dass nachts oder am frühen Morgen irgendwie ein Einsatz ist und ich dann mal später oder gar nicht zur Arbeit komme. Aber auch das ist nicht der Regelfall. Also, ich hatte mal so überlegt, ich glaube, in 20 Jahren komme ich auf keine zehn Tage, wo das passiert ist, und da sind schon zehn Tage davon irgendwie bei einem Waldbrand gewesen, der einfach größer war.

Nadine: Ja, ich hatte habe das Gefühl, mit denen, mit denen ich bis jetzt schon gesprochen habe, haben eigentlich alle gesagt, dass ihre Vorgesetzten Verständnis für das Ehrenamt hatte und das einfach der Schlüssel dafür, die Kommunikation ist, und dann wird diese Arbeit eigentlich unterstützt, weil sie uns ja auch allen hilft.

Peter: So würde ich das auch sagen. Auch meine Firma. Im Großen und Ganzen ist es ein großer Konzern. Da habe ich jetzt noch nie von irgendwem gehört, dass er nicht auf einen Lehrgang gehen durfte oder dass jetzt irgendwelche Zahlungen, die dann durchaus gemacht werden müssen, da irgendwie in Frage gestellt wurden.

Nadine: Und was macht dir mehr Spaß, was du mir noch nicht beantwortet.

Peter: Weil vielleicht mein Chef mithört. Natürlich die Feuerwehr irgendwo, weil das kann ich freiwillig machen. Auf die Arbeit muss ich gehen. Mir macht der Job trotzdem Spaß. Aber das Hobby ist einfach, dass dieses Ehrenamt, was man einfach von Herzen aus macht, weil man es machen kann, macht man es, weil man es auch möchte.

Nadine: Du bildest auch selber aus. Wie läuft das ab, wenn jetzt zum Beispiel jemand zuhört und sagt: Okay, ich möchte jetzt so sein wie Peter, ich will jetzt auch zur freiwilligen Feuerwehr.

Peter: Bei uns haben wir das jetzt vor zwei, drei Jahren so strukturiert. Wir haben ein kleines Team, das nennen wir einfach Onboardingteam. Dem bin ich auch zugeteilt. Und ja wenn jemand Interesse dran hat, kann er sich eben bei uns erst mal bei unserem Chef mehr oder weniger melden. Der Kontakt würde immer zu uns weitergeleitet werden. Wir würden die Leute einladen zu einem ganz normalen Unterricht, wenn wir uns an einem Donnerstagabend treffen, und dann würden wir denen einfach mal durch die Ausbildung führen. Also sprich, wenn wir in kleinen Gruppen dann irgendwelche Arbeiten erledigen, irgendwelche Ausbildungsthemen erledigen, dann würde einer bei der Person bleiben und ihm das so ein bisschen erklären, was wir so machen, so ein paar allgemeine Sachen zur Feuerwehr erklären. Daraufhin dann natürlich die Frage, und kannst du dir das mehr vorstellen? Wenn dann kommt, ja doch, dann würden wir noch mal einen gesonderten Termin mit ihm machen, dass wir wirklich unter vier, sechs Augen so ein bisschen das drumherum noch erzählen, was man jetzt an diesem einen Donnerstag nicht erzählen konnte. Da haben wir auch tatsächlich so einen kleinen Ablaufplan, dass wir versuchen, jedem dasselbe zu erzählen, und nicht irgendwie ein Detail vergessen. Ja, und dann geht es eben darum, dass man letzten Endes zum nächsten Unterricht einladen, dass die Person dann schon normal dran teilnehmen kann. Der wird dann auch versucht, zeitnah einzukleiden, im Winter natürlich nicht so nötig, aber für die Sommer Ausbildung, dass er dann wirklich gleich praktisch auch in der Ausbildung schon mal teilnehmen kann, einfach Learning by doing, und nach einer gewissen Zeit, wenn er wirklich sagt, er ist bereit dabeizubleiben, muss man dann mal gucken, wann ein Grundlehrgang ist. Das ist so der erste Lehrgang, den man bei der Feuerwehr macht, der einen dann auch befähigt oder erlaubt, an Einsätzen teilzunehmen, kann, wenn man Glück hat, relativ schnell passieren kann, wenn man Pech hat, vielleicht auch mal ein paar Monate dauern. Aber wenn man dann diesen Grundlehrgang gemacht hat, dann bekommt man auch seinen Funkmeldeempfänger, und das wäre dann der Zeitpunkt, wo man dann wirklich aktiv auch bei Einsätzen mitmachen könnte.

Nadine: Der Grundlehrgang dauert so ein bis vier Wochen. Es kommt drauf an, wie oft man geschult werden kann.

Peter: Genau es gibt, entweder gibt es einen Wochen Tageslehrgang, der wird dann in Ferien zum Beispiel durch, da muss man sich dann eben freinehmen oder freigestellt werden dafür, oder es ist dann ein Lehrgang, der bei uns in Hessen über vier Wochen dann an drei bis vier Tagen unter der Woche ist und dann am Samstag nochmal.

Nadine: Das heißt, theoretisch, ist man, wenn man sich wirklich dafür interessiert und auch dann da am Ball bleibt, und die Ausbildung macht, relativ schnell auch auf Einsatz und bereit für einen Einsatz. Richtig.

Peter: Wenn man mit dem Grundlehrgang Glück hat, der dann zeitnah ist. Es gibt sicherlich immer mal die Ausnahmefälle, die relativ lange warten mussten. Aber grundlegend kann es sein, wenn man dann zufällig auch als Nachrücker oder sowas zwischen geschoben wird, kann es relativ schnell passieren, und das liegt dann auch ein bisschen in der Eigenverantwortung, was man sich selbst zutraut. Und auch nach diesem Grundlehrgang, wenn der Melder ausgegeben wird, machen wir vom Team Onboarding nochmal so eine Art abschließendes Gespräch, wo wir dann nochmal ganz gezielt auf gewisse Sachen, die jetzt bei uns in der Feuerwehr Münster speziell darauf hingewiesen werden. Da kommen dann so Sachen wie die Alarmierung, was wie passiert, auf was man selbst achten muss, und wir tun die neuen Kameraden auch drauf hinweisen, macht nur das, was ihr euch zutraut. Wenn jetzt irgendwie ein Gebäudebrand ist, und das Auto ist schon mit relativ jungen Kameraden voll, dann müsst ihr euch da nicht dazusetzen, dann immer so ein bisschen auch auf die erfahrenen Kameraden achten, die sagen euch dann schon, ja kommt noch dazu oder nimmt das nächste Auto. Das ist wieder Kommunikation, der Schlüssel.

Nadine: Du hast gerade auch von so Kameraden gesprochen. So spricht man ja im Ehrenamt voneinander, und da ist ja auch dieses kameradschaftliche Beisammensein so wichtig und der Austausch. Wie wichtig ist es für dich?

Peter: Ja, Kameradschaft ist was Besonderes, das ist was anderes wie Freundschaft. Also ich weiß gar nicht, wie ich das genauer beschreiben kann, aber es ist was Schönes. Man kann sich eigentlich immer auf die Leute verlassen. Bei einem Einsatz, ist es, guckt man da nicht, wer ist jetzt rechts oder links neben mir? Das läuft dann schon irgendwie. Natürlich gibt es da auch intensiver Freundschaften unter den Kameraden, aber so im Regelfall kann man sich einfach drauf verlassen, und im Einsatzfall ist es dann egal, wer mit wem man zusammenarbeitet. Das ist schon ganz schönes Gefühl, und auch so, dieses Kameradschaftliche, nicht nur im Einsatz, auch danach nochmal, also direkt nach dem Einsatz oder zu anderen Veranstaltungen, wo wir uns treffen. Es ist schon, es ist schon was Besonderes, was Schönes, was man sonst so im Freundeskreis nicht so erlebt, auch wieder Grund, zur Feuerwehr zu kommen, diese Kameradschaft zu erleben.

Nadine: Du hast gerade uns erzählt, wie sich, wenn man sich neu bewirbt, wie die Ausbildung abläuft. Aber auch Feuerwehrmenschen wie du, die schon lange dabei sind, müssen sich dauerhaft weiterbilden. Wie läuft das ab, und wie oft machst du das? Und wieso ist es auch so wichtig?

Peter: Spinnen wir den Neueingestiegenen mal ein bisschen weiter. Es gibt nach dem Grundlehrgang noch weitere Lehrgänge, die er dann, beziehungsweise die auch ich dann gemacht habe, dass dann erst mal auf Kreisebene, später dann auf Landesebene Lehrgänge sind. Da kann man sich erst mal weiterbilden und ja, weiterbilden an sich, auch für mich ist es dann immer relevant. Es gibt sowohl Lehrgänge, die man besuchen kann, als auch, dass wir auf Standortebene, halt im Ortsteil immer mal wieder ganz gezielte Sonderausbildung durchführen, dass man, wenn man ein neues Fahrzeug bekommt, natürlich da ein bisschen intensiver sich mit beschäftigt. Aber auch Pumpen, was wir auf den Feuerwehrfahrzeugen haben, werden bei uns regelmäßig gelehrt. Also wir haben dann sogenannte Sonderausbildung, wo wir dann nur ganz gezielt uns mal Pumpen angucken, wo wir uns zum Beispiel mal mit Fahrsicherheiten beschäftigen, dass wir mal Rangiermanöver machen. Dann gibt es Sonderausbildung für unseren Teleskopmast. Wir haben so ein Hubrettungsgeräte, ähnlich wie aus Kinderbüchern die Drehleitern. Wir haben Sonderausbildung zum Thema Atemschutz, wo man dann mal das Vorgehen, das richtige Vorgehen an der Türöffnung oder in einem Notfall, das Vorgehen, wo man sowas einfach mal trainiert. Also das muss man einfach immer mal wieder gemacht haben, um da drinnen zu bleiben oder eben auch, um Neuerungen, neue Techniken und sowas kennenzulernen.

Nadine: Habt ihr auch Weiterbildung zum Thema Waldbrand? Weil durch den Klimawandel die Temperaturen werden mehr, es gibt mehr Waldbrände. Werdet ihr da auch ausgebildet?

Peter: Waldbrände hatten wir ja auch zwei relativ große bei uns, und ja, wir machen auch Sonderausbildungen, erstmal intern zum Thema Waldbrand, wo dann ein paar neue Arbeitstechniken, Arbeitsgeräte durchgegangen werden. Aber mittlerweile hat man auch so ein bisschen das Lehrgangsangebot erweitert, dass es einfach Seminare zum Thema Wald und Flächen Brände gibt. Also, das spürt man schon ein bisschen, dass es da in die Entwicklung geht.

Nadine: Findest du die Weiterbildung selbst auch spannend? Also bist du so, wenn du dahingehen darfst? Denkst du dir so, okay, geil, ich lerne was Neues, oder bist du eher so bisschen wie in der Schule?

Peter: Natürlich ist es irgendwo geteilt. Es ist so, es ist so ein bisschen schulisch. Wer sitzt schon gerne in der Schule, aber wenn es wirklich interessant ist und man was Neues lernen kann, ist das natürlich unheimlich toll.

Nadine: Ja, wenn es einen Brand gibt, dann seid ihr da ja auch wirklich. Da legt ihr mit Hand an, ihr seid da in Anzügen. Das ist wirklich kräftezerrend. Du hast schon gesagt, du gehst wandern, noch als Hobby. Wie hältst du dich sonst noch fit, um wirklich für die Einsätze vorbereitet zu sein?

Peter: Wirklich fit halten durch, dass ich keine Treppe scheu. Ich fahre keine Aufzüge, ich gehe regelmäßig, eben wandern. Ab und an versuche ich auch, ein paar Liegestütze zu machen, einfach nur um ein Bisschen drinnen.

Nadine: Vielleicht als so letzte Frage, weil das, wie soll ich sagen, probieren wir ja auch mit diesem Podcast, dass man vielleicht andere Menschen auch dazu bewegt, dass Ehrenamt irgendwie attraktiver zu machen oder sich vielleicht auch aktiv dafür zu entscheiden. Wenn jetzt jemand uns zugehört hat und sich wirklich bei der Feuerwehr bewerben will und starten möchte, welchen Rat würdest du dieser Person geben?

Peter: Den ersten Schritt zu tun, den Kontakt aufnehmen und dann brauch er am Anfang, glaube ich, ein bisschen Durchhaltevermögen, weil es wirkt natürlich dann ganz viel Neues auf einen ein. Ich habe es sehr oft in Gesprächen mit nicht Feuerwehrleuten festgestellt, die haben eine ganz andere Vorstellung. Deswegen: Durchhaltevermögen am Anfang ist, glaube ich, das Wichtigste. Darum geht es nicht, weil es irgendwie schwer ist. Es ist einfach sehr viel, was auf einen einschlägt, aber es wird auf alle Fälle belohnt.

Nadine: Wenn man jetzt dich oder die Feuerwehr Münster Hessen irgendwie auf Social Media oder irgendwie verfolgen will oder sich sogar bei euch bewerben, kannst du da noch irgendwelche Seiten nennen? Jetzt?

Peter: Ja, es gibt natürlich die Internetseite www.feuerwehr-münster.com. Dann haben wir noch freiwilligefeuerwehrmünster zusammengeschrieben, unseren Instagram Account, und im Zweifelsfall über die Homepage kann man dann die restlichen Kontaktdaten, um ganz gezielt auch an unsere Führung oder unser Verein anzutreffen, um da Kontakt aufzunehmen.

Nadine: Vielen, vielen Dank, Peter, sowohl für deine Arbeit als auch, dass du dich hier beworben hast. Und ja, und ich finde es auch super berührend, dass du trotz deiner Arbeit noch so emotional bleibst und so sensibel bist. Also das ist wirklich also, also ich finde es ganz toll. Wenn ihr jetzt noch mehr über das Ehrenamt erfahren wollt, dann besucht uns doch mal auf unserer Website mitdirfürunsalle.de. Dort findet ihr auch alle unsere Podcastfolgen. Gleichzeitig begegnet euch dort auch eine Menge anderer Content von und mit Ehrenamtlichen, und ihr habt die Gelegenheit, euch weitergehend zum Thema Ehrenamt zu informieren und auch herauszufinden, welches Ehrenamt zu euch am besten passt. Denn egal was du kannst, du kannst helfen.

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